Forderungen 2025

Forderungskatalog des CSD Halle Saale 2025 – Gleiche Rechte und ein sicheres Leben für alle queeren Menschen!

Der Christopher Street Day Halle (Saale) setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der queere Menschen frei, sicher und ohne Diskriminierung leben können. Noch immer sind LSBTIQ*-Personen Gewalt, Hass und rechtlicher Benachteiligung ausgesetzt – sowohl in Deutschland als auch weltweit. Wir fordern die Ergänzung von Artikel 3 des Grundgesetzes um das Merkmal der sexuellen Orientierung, um queere Menschen explizit vor Diskriminierung zu schützen. Gleichzeitig erwarten wir von Deutschland, dass es sich auf europäischer und internationaler Ebene für LSBTIQ*-Rechte stark macht. Gewalt gegen queere Menschen darf nicht geduldet werden, und es muss sichergestellt werden, dass Opfer von Übergriffen ohne Angst vor Repressionen oder weiterer Diskriminierung staatlichen Schutz und Gerechtigkeit erfahren. Unser Kampf für Gleichberechtigung ist nicht verhandelbar – er ist eine demokratische Pflicht.

Vielfalt braucht Taten, nicht nur Worte! Es reicht nicht, Akzeptanz zu fordern – wir brauchen konkrete politische Maßnahmen. Der CSD Halle Saale ruft Politik, Verwaltung und Gesellschaft dazu auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und queerfeindliche Strukturen zu überwinden.

1. Sicherheit: Durch Sensibilisierung Hassverbrechen benennen, erfassen und konsequent verfolgen!

Queere Menschen sind überproportional häufig von physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt betroffen. Dennoch werden queerfeindliche Straftaten oft nicht als Hassverbrechen erfasst oder von Polizei und Justiz nicht ernst genug genommen. Wir fordern die klare Anerkennung von Gewalt gegen queere Menschen als Hasskriminalität. Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität müssen in polizeilichen Statistiken gesondert erfasst und mit besonderem Nachdruck verfolgt werden. Um dies zu erreichen, fordern wir verpflichtende, queersensible Schulungen für alle Beamt*innen in Strafverfolgung und Justiz. Darüber hinaus sollen weitere hauptamtliche Ansprechpersonen für LSBTIQ-Themen in den Polizeibehörden eingerichtet werden. Der Ausbau unabhängiger, niedrigschwelliger Anlaufstellen für Opfer queerfeindlicher Gewalt stellt einen weiteren wichtigen Baustein dar, um Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten. ​

2. Rechtliche Gleichstellung: Familie ist vielfältig – wir fordern gleiche Rechte für alle!

Das deutsche Familienrecht ist noch immer heteronormativ geprägt und diskriminiert queere Familienkonstellationen. Neben den klassischen Regenbogenfamilien müssen auch alternative Lebensgemeinschaften und Familienmodelle wie Mehr-Eltern-Familien, Patchwork-Familien, polyamore Beziehungsmodelle sowie Alleinerziehende uneingeschränkt anerkannt werden. Wir fordern eine umfassende Reform des Abstammungsrechts, sodass Elternschaft von Geburt an für alle gleich anerkannt wird – unabhängig davon, ob das Kind in einer heterosexuellen, gleichgeschlechtlichen Familie einer anderen Verantwortungsgemeinschaft geboren wird. Darüber hinaus muss die rechtliche Anerkennung vielfältiger Familienmodelle erfolgen: Mehr-Eltern-Familien, bei denen mehr als zwei Personen als Eltern gelten, sowie andere alternative Modelle müssen in das bestehende Rechtssystem integriert werden. Schließlich gilt es, die rechtliche Privilegierung der Ehe abzuschaffen und eine vollumfängliche Gleichstellung aller Lebenspartner*innenschaften – ob als Ehe, eingetragene Partner*innenschaft oder alternative Konstellation – zu gewährleisten.

3. Gesundheitsversorgung: Das Gesundheits- und Pflegewesen muss queersensibel sein!

Queere Menschen erleben im Gesundheits- und Pflegewesen häufig Diskriminierung, Unverständnis und mangelhafte medizinische Versorgung. Besonders trans*, inter* und nicht-binäre Personen stoßen auf bürokratische Hürden und pathologisierende Diagnosen, die ihnen den Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung erschweren. Wir fordern daher, dass alle Ärzt*innen, Pflegekräfte und Therapeut*innen verbindlich zu queersensibler Versorgung und geschlechtergerechter Forschung fortgebildet werden. Es muss sichergestellt werden, dass trans* Personen ohne langwierige bürokratische Verfahren Zugang zu Hormonersatztherapien erhalten. Zudem fordern wir ein Ende unnötiger geschlechtsverändernder Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern – medizinische Maßnahmen dürfen nur mit der informierten Zustimmung der betroffenen Person erfolgen. Weiterhin soll Diskriminierung von Menschen mit HIV im Gesundheitswesen konsequent bekämpft und Aufklärungskampagnen ausgebaut werden, um Stigmatisierung abzubauen und eine inklusive medizinische Betreuung zu ermöglichen.

4. Kinder, Jugend und Bildung: Queere Kinder und Jugendliche brauchen Schutz und Sichtbarkeit!

Kinder und Jugendliche müssen in einer Umgebung aufwachsen, die Vielfalt anerkennt und schützt. Queere junge Menschen erfahren oft Diskriminierung in Schulen, Jugendzentren und Ausbildungseinrichtungen, was ihre Entwicklung und ihr Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigt. Wir fordern deshalb, dass queere Themen verbindlich in die Lehrpläne von Schulen sowie in Aus- und Weiterbildungsprogramme für Lehrkräfte, soziale Berufe und medizinisches Fachpersonal integriert werden. Zudem muss die Förderung queerer Jugendangebote verstärkt werden: Es bedarf eines gut ausgestatteten, niederschwelligen Beratungs- und Unterstützungsangebots, das gezielt auf die Bedürfnisse queerer Kinder und Jugendlicher eingeht. Eine Anpassung der Jugendhilfeplanung nach § 8 Punkt 3 SGB VIII, die queere Kinder und Jugendliche in der Angebotsgestaltung anerkennt, ist hierbei essenziell.

5. Queere Sichtbarkeit und Verantwortung in Halle: Die Stadt muss Vielfalt aktiv fördern!

Halle darf nicht nur am CSD ein Ort der Vielfalt sein – queeres Leben muss das ganze Jahr über sichtbar, geschützt und gefördert werden. Wir fordern, dass der bis Ende 2026 laufende Aktionsplan zur Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt fortgeschrieben und auskömmlich finanziell untersetzt wird, um nachhaltige Maßnahmen zu gewährleisten. Auch das kommunale Verwaltungshandeln muss queersensibel sein. Dafür bedarf es insbesondere verpflichtender Weiterbildungsmaßnahmen zur Sensibilisierung aller Verwaltungsmitarbeitenden. Die Förderung queerer Kultur, Kunst und Community- Projekte sowie ein klares politisches Bekenntnis gegen queerfeindliche Hetze sind ebenso zentrale Bestandteile, um eine offene und inklusive Stadtgesellschaft zu etablieren.

6. Emanzipation: Komplettverbot von Konversionsbehandlungen – Kein Weg zurück in die Vergangenheit!

Konversionsbehandlungen stellen eine eklatante Verletzung der körperlichen und seelischen Unversehrtheit dar. Diese Praktiken zielen darauf ab, die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität von Menschen zu verändern und verursachen dabei oft langfristige psychische und physische Schäden. Wir fordern ein generelles, staatlich durchgesetztes Komplettverbot jeglicher Konversionsmaßnahmen – unabhängig davon, ob es sich um therapeutische, medizinische oder religiöse Interventionen handelt. Derartige Praktiken dürfen weder staatlich unterstützt noch privat finanziert werden. Institutionen und Personen, die Konversionsbehandlungen anbieten, müssen konsequent sanktioniert werden, um besonders schutzbedürftige Gruppen, wirksam vor diesen schädlichen Eingriffen zu schützen. ​