Motto & Forderungen

Motto des CSD Halle (Saale) 2023:
different lives – equal rights
Verschiedene Leben – gleiche Rechte

Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich, unabhängig von ihrer persönlichen Liebens- und Lebensweise. Diese rechtliche Gleichstellung ist nicht zuletzt Resultat langer politischer Kämpfe der queere Community, die damit die Anerkennung grundlegenden Menschenrechte für alle erkämpft hat. Es sind Rechte wie die Gewährleistung von Schutz vor Diskriminierungen, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, auch in Bezug auf die Geschlechtsidentität zählt oder die Ehe für alle.

Trotzdem gibt es gleichzeitig oft anders aussehende Lebensrealitäten von Menschen, die sich selbst als LSBTI* identifizieren und denen, deren Lebensentwurf der vermeintlichen Norm entspricht. Das Hinweisen auf diesen Unterschied ist uns wichtig, denn die rechtliche Garantie der allgemeinen Gleichbehandlung führt nicht dazu, dass auch in den Köpfen der Mehrheitsgesellschaft Vorurteile, Stigmatisierung und daraus folgendes abwertendes Verhalten aufgehört haben zu existieren. Der Kampf ist noch nicht zu Ende!

Indem wir uns weiter für gleiche Rechte einsetzen und die individuellen Geschichten und Erfahrungen von LSBTI* Menschen hören und dafür sensibilisieren, können wir Barrieren in den Köpfen abbauen und das Verständnis und die Akzeptanz vielfältiger Lebensentwürfe fördern.

Wir wollen gemeinsam eine Welt gestalten, in der Unterschiedlichkeiten kein Grund für Abwertungen sind, sondern in der die Diversität der Menschen gefeiert wir! Eine Welt, in der wir nicht nur gleichberechtigt sind, sondern auch stolz darauf, verschieden zu sein.

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Forderungen des CSD Halle (Saale) 2023

Die 23 Forderungen wurden auf dem offenen CSD-Plenum am 29.06.2023 beschlossen.

Grundsätzliches

Der CSD Halle fordert, dass sich jeder Mensch in Halle, in ganz Deutschland und überall frei und sicher bewegen kann, ohne Angst vor körperlicher, psychischer, verbaler, staatlicher und/oder gesellschaftlicher Gewalt.

Der CSD Halle fordert, dass sich die Bundesrepublik Deutschland dafür einsetzt, dass alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Rechte queerer Menschen achten und schützen. Wir fordern zudem, dass sich sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Europäische Union weltweit für die Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation queerer Menschen einsetzt.

Sicherheit

Der CSD Halle fordert, dass sich Menschen, welche Opfer eines Übergriffs geworden sind, angstfrei an Polizei und Staatsanwaltschaft wenden können, ohne Gewalt oder Herabwürdigung von staatlicher Seite fürchten zu müssen.

Der CSD Halle fordert, dass Straftaten gegen queere Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität als spezifische Hassverbrechen benannt und von staatlicher Seite konsequent erfasst, verfolgt und geahndet werden.

Der CSD Halle fordert, dass bundesweit alle Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden für die Bedürfnisse von queeren Menschen sensibilisiert und entsprechende hauptamtliche Ansprechpersonen geschaffen werden.

Die sofortige Abschaffung der Kennzeichnung „ANST“ von Menschen mit HIV, HBV und HCV in den sachsen-anhaltischen Polizeidatenbanken und die Löschung aller in diesem Kontext gespeicherten Daten.

Gleichstellung

Der CSD Halle fordert die Ergänzung von Artikel 3, Absatz 3, Satz 1 des Grundgesetzes (GG) um das Merkmal der sexuellen Orientierung.

Der CSD Halle fordert, dass das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) abgeschafft wird. Das Offenbarungsverbot muss für alle gelten, explizit auch für frühere Eheleute, Abkömmlinge, Eltern sowie Großeltern von trans* Personen. Neben verwaltungsrechtlichen Vorhaben, wie der freien Änderung des Namens und des Geschlechtseintrags, sind auch gesundheitspolitische Aspekte, wie die Kostenübernahme medizinischer Maßnahmen, zu regeln.

Der CSD Halle fordert die Reform des Abstammungsrechts und die volle rechtliche Gleichstellung von Familien mit “2-Mütter-Kind”-Konstellationen.

Der CSD Halle fordert die Legalisierung der bereits praktizierten, nichtkommerziellen Leihmutterschaft aus Nächstenliebe unter strengen, aber praktikablen gesetzlichen Bedingungen.

Emanzipation

Der CSD Halle fordert die Entstigmatisierung von Sexarbeit.

Der CSD Halle fordert ein Komplettverbot von sogenannten “Konversionstherapien”, welches alle Menschen umfasst.

Der CSD Halle fordert mehr Sichtbarkeit für alle marginalisierten sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten, insbesondere für lesbische, bisexuelle und queere Identitäten.

Gesundheit

Der CSD Halle fordert ein Verbot von nicht zwingend medizinisch notwendigen Eingriffen an intergeschlechtlichen Kindern sowie mehr Aufklärung und Anerkennung der verschiedenen Variationen der Geschlechtsentwicklung.

Der CSD Halle fordert eine queer-inklusive Medizin sowie das Ende von Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen mit HIV. Wir fordern eine lückenlose und barrierefreie Gesundheitsversorgung für queere Menschen in ganz Deutschland, insbesondere in Sachsen-Anhalt. Der Zugang zu medizinischer Versorgung muss auch in der Praxis unabhängig vom Geschlechtseintrag möglich sein.

Kinder und Jugendliche

Der CSD Halle fordert, dass das Land Sachsen-Anhalt zur Unterstützung queerer Jugendlicher ein queeres Jugendbudget bereitstellt, welches niedrigschwellig beantragt werden kann.

Der CSD Halle fordert, dass die Reform des § 9 Punkt 3 SGB VIII bei allen zuständigen Stellen der Jugendhilfeplanung vollumfänglich Beachtung findet. Das bedeutet, dass bestehende Angebote sich queeren jungen Menschen nicht nur konzeptionell, sondern auch praktisch öffnen und ihnen einen Schutzraum bieten. Zusätzlich sollen neue Hilfsangebote für queere Kinder und Jugendliche geschaffen werden.

Der CSD Halle fordert, dass queere Themen in der Ausbildung von sozialen und pädagogischen Fachkräften sowie Beschäftigten im medizinischen und pflegerischen Bereich verbindlicher Teil des Curriculums werden. In den Lehrplänen allgemein- und berufsbildender Schulen in Sachsen-Anhalt müssen queere Themen mehr Platz bekommen, verbindlich sein und regelmäßig evaluiert sowie erweitert werden.

Bei uns vor Ort

Der CSD Halle fordert die Einrichtung einer städtischen Antidiskriminierungsstelle für LSBTIQ*-Angelegenheiten mit auskömmlichen Finanzmitteln für Personal und Förderungen.

Der CSD Halle fordert die Schaffung eines soziokulturellen Queeren Zentrums in Halle (Saale) in Zusammenarbeit mit bestehenden queeren Strukturen.

Der CSD Halle fordert, dass die Bildungsarbeit zu geschlechtlich-sexueller Vielfalt in ganz Sachsen-Anhalt weiter und mit auskömmlichen finanziellen Mitteln gefördert wird.