Motto & Forderungen

Die Veröffentlichung des Mottos und der Forderungen 2025 erfolgen zeitnah nach den Beschlüssen der CSD-Plenen.

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Motto des CSD Halle (Saale) 2024:

Queerfeindlichen die Suppe versalzen!

Beschluss des CSD-Plenums vom 08.02.2024

Queerfeindlichkeit hat erneut Hochkonjunktur. Queeres Leben – so zeigen die an Zahl und Heftigkeit zunehmenden verbalen und tätlichen Angriffe auf queere Menschen – genießt auch heute noch keineswegs die Gleichberechtigung, Anerkennung und Selbstverständlichkeit, wie die heterosexuelle und cisgeschlechtliche Mehrheitsgesellschaft.

Vor allem rechtsradikale Kräfte schüren Stimmung gegen all jene, die nicht in ihr trauriges Weltbild einer aufgeräumten und konformen Gesellschaft passen und sprechen queeren Menschen damit ihre Würde, Freiheit sowie ein selbstbestimmtes Leben ab. Bewegungen wie die selbsternannten „besorgten Eltern“ oder Parteien wie die vermeintliche „Alternative für Deutschland“ hetzen mit Kampfbegriffen wie „Frühsexualisierung“, „Gender-Gaga“ oder „Regenbogen-Trallala“ seit Jahren gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten. Damit wollen sie nicht weniger als das Fundament unserer pluralistischen Demokratie untergraben und die Errungenschaften queerer Bewegungen rückgängig machen. Wenn es nach der AfD sowie diesen doch eher besorgniserregenden Eltern geht, sollen lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen am besten gleich wieder ganz und gar ins Private, wieder ins Verstecken verschwinden.

Doch queere Leben werden hierzulande nicht nur von Rechtsradikalen bedroht. Aktuell erleben wir immer wieder, wie auch Politiker*innen des demokratischen Spektrums aus den queerfeindlichen Narrativen und Argumentationen der Neuen Rechten schöpfen. Dies drückt sich unter anderem in den Widerständen gegen geschlechtergerechte Sprach- und Schreibformen oder dem Schulterschluss mit transexkludierenden Feministinnen aus. Solche rechtspopulistischen Politiken befeuern nicht nur Misstrauen und Hass gegenüber queeren Menschen und Lebensentwürfen, sie normalisieren ebenso demokratiefeindliche Narrative, Haltungen und Politiken. Der Neuen Rechten und denen, die sich fleißig bei deren Inhalten und Rhetoriken bedienen, ist es so gelungen, mit ihrem Kulturkampf gegen queere Menschen sowie eine offene und vielfältige Gesellschaft bis weit in die Mitte der Gesellschaft hineinzuwirken.

Wir lassen uns von dieser immer weiter um sich greifenden Queerfeindlichkeit weder einschüchtern noch zurückdrängen. Auch in diesem Jahr werden wir also wieder auf die Straße gehen, um unsere Identitäten, unsere Leben und unsere Geschichte zu feiern sowie unseren politischen Forderungen nach Anerkennung und Gleichberechtigung Ausdruck zu verleihen.

Als queere Salzstadt Halle (Saale) wollen wir am 14. September 2024 mit unserem Christopher-Street-Day den „Queerfeindlichen die Suppe versalzen!“.


Forderungen des CSD Halle (Saale) 2024

Beschluss des CSD-Plenums am 25.04.2024

Grundsätzliches

Der CSD Halle fordert, dass sich alle Menschen in Halle, in ganz Deutschland und überall frei und sicher bewegen können, ohne Angst vor körperlicher, psychischer, verbaler, staatlicher und/oder gesellschaftlicher Gewalt.

Der CSD Halle fordert, dass sich die Bundesrepublik Deutschland dafür einsetzt, dass alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Rechte queerer Menschen achten und schützen. Wir fordern zudem, dass sich sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Europäische Union weltweit für die Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation queerer Menschen einsetzt.

Sicherheit

Der CSD Halle fordert, dass sich Menschen, welche Opfer eines Übergriffs geworden sind, angstfrei an Polizei und Staatsanwaltschaft wenden können, ohne Gewalt oder Herabwürdigung von staatlicher Seite fürchten zu müssen.

Der CSD Halle fordert, dass Straftaten gegen queere Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität als spezifische Hassverbrechen benannt und von staatlicher Seite konsequent erfasst, verfolgt und geahndet werden.

Der CSD Halle fordert, dass bundesweit alle Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden für die Bedürfnisse von queeren Menschen sensibilisiert und entsprechende hauptamtliche Ansprechpersonen geschaffen werden.

Die sofortige Abschaffung der Kennzeichnung „ANST“ von Menschen mit HIV, HBV und HCV in den sachsen-anhaltischen Polizeidatenbanken und die Löschung aller in diesem Kontext gespeicherten Daten.

Gleichstellung

Der CSD Halle fordert die Ergänzung von Artikel 3, Absatz 3, Satz 1 des Grundgesetzes (GG) um das Merkmal der sexuellen Orientierung.

Der CSD Halle fordert die Reform des Abstammungsrechts und die volle rechtliche Gleichstellung von Familien mit “2-Mütter-Kind”-Konstellationen.

Der CSD Halle fordert die Legalisierung der bereits praktizierten, nichtkommerziellen Leihmutterschaft aus Nächstenliebe unter strengen, aber praktikablen gesetzlichen Bedingungen.

Emanzipation

Der CSD Halle fordert die Entstigmatisierung von Sexarbeit.

Der CSD Halle fordert ein Komplettverbot von sogenannten “Konversionstherapien”, welches alle Menschen umfasst.

Der CSD Halle fordert mehr Sichtbarkeit für alle marginalisierten sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten, insbesondere für lesbische, bisexuelle und queere Identitäten.

Gesundheit

Der CSD Halle fordert die konsequente Umsetzung des Verbots von nicht zwingend medizinisch notwendigen Eingriffen an intergeschlechtlichen Kindern sowie mehr Aufklärung und Anerkennung der verschiedenen Variationen der Geschlechtsentwicklung.

Der CSD Halle fordert eine queer-inklusive Medizin sowie das Ende von Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen mit HIV. Wir fordern eine lückenlose und barrierefreie Gesundheitsversorgung für queere Menschen in ganz Deutschland, insbesondere in Sachsen-Anhalt. Der Zugang zu medizinischer Versorgung muss auch in der Praxis unabhängig vom Geschlechtseintrag möglich sein.

Kinder und Jugendliche

Der CSD Halle fordert, dass das Land Sachsen-Anhalt zur Unterstützung queerer Jugendlicher ein queeres Jugendbudget bereitstellt, welches niedrigschwellig beantragt werden kann.

Der CSD Halle fordert die konsequente Umsetzung der Reform des § 9 Punkt 3 SGB VIII in bereits geförderten oder perspektivisch neu zu fördernden Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Halle (Saale). Zusätzlich müssen hier weitere Angebote für queere Kinder und Jugendliche geschaffen werden.

Der CSD Halle fordert die Schaffung von ausfinanzierten, niedrigschwelligen und intersektional-sensiblen Beratungsstrukturen für trans*, inter* und nichtbinäre Jugendliche und junge Erwachsene sowie Sorgeberechtigte.

Der CSD Halle fordert, dass queere Themen in der Ausbildung von sozialen und pädagogischen Fachkräften sowie Beschäftigten im medizinischen Bereich verbindlicher Teil des Curriculums werden. In den Lehrplänen allgemein- und berufsbildender Schulen in Sachsen-Anhalt müssen queere Themen mehr Platz bekommen, verbindlich sein und regelmäßig evaluiert sowie erweitert werden.

Bei uns vor Ort

Der CSD Halle fordert die Einrichtung einer städtischen Antidiskriminierungsstelle für LSBTIQ*-Angelegenheiten mit auskömmlichen Finanzmitteln für Personal und Förderungen.

Der CSD Halle fordert, dass die Bildungsarbeit zu geschlechtlich-sexueller Vielfalt in ganz Sachsen-Anhalt weiter und mit auskömmlichen finanziellen Mitteln gefördert wird.